Nach dem Protestcamp: Reaktionen und Resümee

Nach vier Wochen Protestcamp auf dem Markusplatz lässt sich festhalten: Die drei protestierenden Iraner wurden von vielen Seiten unterstützt.

Immer wieder passierte es, dass Sympathisant_innen Essen und Blumen vorbeibrachten, durch ihre Unterschrift ihre Unterstützung der Forderungen erklärten oder sich einfach nur dazusetzten. Zahlreiche Persönlichkeiten mit politischen und gesellschaftlichen Funktionen statteten den Protestierenden einen Besuch ab. Unter anderem war Reinhard Bütikofer (Mitglied des europäischen Parlaments) im Camp. Auch Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm (Landesbischof der evangelischen Kirche) besuchte die drei am 20.07.2012. Erzbischof Ludwig Schick erklärte sich ebenfalls mit den drei Flüchtlingen solidarisch und kritisiert die deutsche Asylpolitik. Am 26.07.2012 kam Simone Tolle, die für die Grünen im bayerischen Landtag sitzt, ins Camp, um sich mit den Protestierenden auszutauschen. Für die Demonstration am 28.07.2012 hat sich Susann Biedefeld angekündigt, die Mitglied des bayerischen Landtages für die SPD ist.

Die Medien zeigten großes Interesse an der Problematik. Es gab sowohl Berichte in lokalen Medien, wie dem fränkischen Tag, als auch in überregionalen Medien. Das ARD-Morgenmagazin kam am Tag der Demonstration nach Bamberg und berichtete in der Sendung vom 18.07.2012 zum Thema „Asylbewerber gehen auf die Straße“.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 setzte ein klares Signal für die Bürger_innen Deutschlands und die Verantwortlichen in der Politik. In den Medien war des Öfteren die Rede von einer „(schallenden) Ohrfeige“ „für uns alle“ (Hamburger Abendblatt, 19.07.2012), „für die Bundesregierung“ (Neues Deutschland, 19.07.2012) und „für die Christsozialen“ (Bayern 2 Radio, 19.07.2012). Das BVerfG stellte fest, dass die Leistungen nicht unter „das physische und soziokulturelle Existenzminimum“ abgesenkt werden dürfen, „um Anreize für Wanderungsbewegungen […] zu vermeiden“.

Jetzt gilt es dran zu bleiben und zu zeigen, dass dies ein Anfang ist, aber noch nicht genug.

Denn weiterhin braucht es oft viel zu lange, bis Flüchtlinge eine Antwort auf ihren Asylantrag erhalten. Alle in Roßdach untergebrachten Asylbewerber warten mittlerweile ein Jahr und länger auf eine Antwort des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (bamf). Sollte der Asylantrag abgelehnt werden und eine Duldung erteilt, führt dies dazu, dass Menschen 10 Jahre und länger in Deutschland leben ohne zu wissen, wie lange sie hier bleiben dürfen. Sobald das bamf beschließt Abschiebestopps für bestimmte Länder aufzuheben, müssen sie Deutschland wieder verlassen.

Während der Asylantrag bearbeitet wird, leben die Asylbeantragenden unter schwierigsten Bedingungen. In Bayern gelten Residenzpflicht und strikte Lagerpflicht. Außerdem erhalten die Flüchtlinge Essenspakete und sind somit in ihrer Wahlfreiheit stark eingeschränkt. Dies sind nur einige Beispiele für die Härte und Unmenschlichkeit des Flüchtlingsalltags in Deutschland. Deshalb wird der Protest fortgesetzt werden.

Wie geht es genau weiter?

Die Protestform des Camps stellte sich als besonders medienwirksam heraus. In den folgenden Wochen und Monaten wollen Hadi Ghaeni, Ashkan Delanvar und Siamak Wasoughi Parsa weiter protestieren. Vorerst soll jedoch der Fokus darauf gelegt werden, die Menschen, die in Bamberg unterwegs sind zu informieren, aufzuklären und zu sensibilisieren. Informationsstände, Kundgebungen, Filmabende und weitere Demonstrationen sollen stattfinden um weiterhin Gehör für folgende Forderungen zu finden:

  • Beschleunigung des Asylverfahrens und mehr Transparenz im Asylprozess
  • Aufhebung der Residenzpflicht und dadurch Bewegungsfreiheit für Asylbewerberinnen und Asylbewerber
  • Eine generelle Arbeitserlaubnis für Asylbewerberinnen und Asylbewerber
  • Zugang zu Deutschkursen und zu Bildungseinrichtungen (Ausbildung/Studium)
  • Deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen in den Lagern bzw. die Abschaffung der Lager und Integration von Flüchtlingen in normales städtisches Wohnen/in normale Wohnumgebungen (siehe Leipzig)
  • Geldleistungen statt Sachleistungen und damit die Möglichkeit Lebensmittel und Bekleidung selbst auszuwählen (Beispiel Supermarkt für Asylbewerber in Erding)