Gemeinsam entzündete Kerzen als Mahnung für die Einhaltung des Rechtsstaates und die Wahrung der humanitären Grundwerte

Elf Mal und kein Ende in Sicht – Solidaritätsbekundungen mit Afghanistan-Flüchtlingen

Unter dem strengen Blick des Bamberger Gabelmanns versammeln sich jeden Montag hunderte Bürgerinnen und Bürger, um gegen die Abschiebungen nach Afghanistan zu protestieren.
Unter dem strengen Blick des Bamberger Gabelmanns versammeln sich jeden Montag hunderte Bürgerinnen und Bürger, um gegen die Abschiebungen nach Afghanistan zu protestieren.

„Bereits zum 11. Mal versammeln wir uns hier gemeinsam zur Mahnwache – keine Abschiebung nach Afghanistan“, begrüßt Mit-Initiatorin Mirjam Elsel die knapp 250 Leute am Grünen Markt. Unter den Blicken des Gabelmanns versammeln sich jeden Montag um 18:00 Uhr zahlreiche Bambergerinnen und Bamberger, um gemeinsam mit Betroffenen für einen konsequenten Abschiebestopp einzutreten. Ein buntes Bündnis aus der „Interreligiösen Fraueninitiative Bamberg“, dem „Netzwerk Bildung und Asyl“ und dem gemeinnützigen Verein „Freund statt fremd e.V.“ steht hinter der wöchentlichen Kundgebung. Variiert jede Mahnwache in Ausgestaltung und Redebeitrag von Woche zu Woche, bleibt die Forderung jedoch immer gleich: Abschiebungsstopp nach Afghanistan.

„Die politische Darstellung der Sicherheitslage in Afghanistan entspricht nicht der Realität“

Rednerinnen und Redner fordern die Politik unermüdlich auf, die Abschiebepraxis zu revidieren.
Rednerinnen und Redner fordern die Politik unermüdlich auf, die Abschiebepraxis zu revidieren.

Ein Cello-Spieler gestaltete den Auftakt der 11. Mahnwache am 24. April 2017. Den verhallenden Klängen folgte ein mahnender Redebeitrag, der die fadenscheinige Haltung der Politik ins Visier nahm: „Wie kann es sein, dass in einem Land, welches von der Bundesregierung als ein „sicheres Herkunftsland“ eingestuft wird, die USA die größte nichtatomare Bombe gegen den Terror einsetzt. Wie kann es sein, dass in einer vermeintlich sicheren Region um die Stadt Masar-e Sharif letzte Woche mehr als 300 Soldaten bei einem Terroranschlag verletzt oder getötet wurden.“ Der Redner fordert von der Bundes- uns Landesregierung, „die Asylpolitik wieder auf einen humanitären Kurs zurückführen“ und die tragischen Einzelschicksale und persönlichen Lebensumstände der Menschen aus Afghanistan mit in die politische Handlung einzubeziehen.

„Wo es kein Gewissen gibt, da braucht man keines beruhigen.“

Auch an diesem Montag wurden Menschen aus ihren Lebensumfeldern gerissen, um von München aus in einem Flugzeug nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Es ist ein Bangen und Hoffen zwischen Abschiebung und Bleiben – was sicher bleibt ist die Ungewissheit der Zukunft. Das „Fremdsein“ thematisierte der zweite Redner des Abends mit einer Textlesung und stellte die Frage, was wir tun können.  Sein Vorschlag: „Jeder und jede hier spricht in der kommenden Woche mit fünf Menschen. Dabei soll es um die Geschichte der Eltern und Großeltern gehen – doch enden soll die Geschichte mit der Überlegung: was passiert wäre, wenn die Großeltern oder Eltern wieder zurückgeschickt worden wären, von wo sie überall herkamen.“ Ein Gedankenexperiment mit grenzüberschreitender Wirkung und dem klaren Appell an die Wahrung der Grundwerte dieser Gesellschaft: Offenheit, Toleranz und Mitmenschlichkeit.

Kleine Fanale der Mahnung und Hoffnung

Gemeinsam entzündete Kerzen als Mahnung für die Einhaltung des Rechtsstaates und die Wahrung der humanitären Grundwerte
Gemeinsam entzündete Kerzen als Mahnung für die Einhaltung des Rechtsstaates und die Wahrung der humanitären Grundwerte

Nach 40 abwechslungsvollen Minuten wurden gemeinsam die Kerzen der Wache entzündet. Sie sollen Mahnung sein für die Einhaltung des Rechtsstaates und die Wahrung der humanitären Grundwerte. Und zugleich sind sie ein „erhellender Protest“ an die Politik, sich der Mitverantwortung weltweiter Krisen und Konflikte bewusst zu werden und aktiv den schutzsuchenden Menschen Sicherheit und Solidarität zu gewähren. Die Mahnwache endete mit einer vereinten und unmissverständlichen Forderung: „Sofortiger Abschiebestopp nach Afghanistan – Afghanistan ist kein sicheres Herkunftsland!“

Die Montags-Kundgebung ist zu mehr als einer wöchentlichen Mahnwache geworden – sie ist Widersehen und Ermutigung zugleich. Im Anschluss, bei einem gemeinsamen Plausch, verabredet man sich bereits für die nächste Woche zur selben Zeit wieder – solange bis die Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt sind.

Die 12. und damit nächste Mahnwache wird am 1. Mai pünktlich um 18:00 Uhr wieder unter den Blicken des Gabelmanns stattfinden. Als Gastrednerin spricht Ulrike Tontsch über ihre Erfahrungen und Erlebnisse im Rahmen ihrer Tätigkeit als Mitglied des Ombudsteams der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken.

Ein Signal an die Politik – vor Montag und über die Bamberger Marktgrenzen hinaus – kann bereits jetzt gesetzt werden durch die Beteiligung an der Online-Petition unter: www.openpetition.de/petition/online/aib-erlangen-agaby-aussetzung-der-abschiebung-von-gefluechteten-nach-afghanistan

Weitere Infos:

http://freundstattfremd.de/wp-content/uploads/2017/02/Mahnwache-Keine-Abschiebung-nach-Afghanistan.pdf

 

Text und Bilder: Joachim Wondrak