Stellungnahme zum Kabinettsentwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz / PM vom 4.4.2016

Integration gelingt mit Unterstützung und Respekt, nicht durch Drohungen, Zwang und pauschale Verdächtigung!

Der Verein „Freund statt fremd“ kritisiert den Entwurf der bayerischen Staatsregierung für ein bayerisches Integrationsgesetz. Der Entwurf soll unter dem Motto „Fordern und Fördern“ stehen, beeinhaltet aber statt Angeboten und Unterstützungsmaßnahmen zur Integration vielmehr „Unterstellungen und Ausgrenzungen“, die einer Willkommenskultur gerade nicht förderlich sind. Vorgegebene Ziele (wie etwa Spracherwerb für Erwachsene, Sprachförderung von Kindern vor der Einschulung, keine Wohnghettobildung, Anerkennung der Werte des Grundgesetzes) sind zwar prinzipiell zu befürworten, sollen aber offenbar vor allem über Sanktionen und Drohungen erreicht werden, was nicht zielführend ist.
Das Gesetz insgesamt ist ein Signal des Misstrauens und der Vorbehalte gegenüber Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund. Es bedient eher Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit in der „deutschen“ Bevölkerung, als dass es Wege und Perspektiven zur Integration eröffnet.

Der Entwurf für ein Bayerisches Integrationsgesetz beinhaltet

•    Zwang statt Motivation
Zum Beispiel, wenn Kinder im Alter von 5 Jahren vor der Einschulung auf ihr Sprachniveau überprüft und bei Bedarf einem Sprachkurs zugewiesen werden sollen. Dass dies weniger als wohlwollendes Angebot sondern mehr als Drohung zu verstehen ist, legt die Verhängung eines Bußgeldes nahe, das die Eltern bei Nichtbesuch zahlen müssen.

•    Generalverdächtigungen statt Anerkennung
Zum Beispiel, wenn Flüchtlingen, deren Identiät nicht klar ist, Landesleistungen des Freistaats verweigert werden sollen,. Denn dies missachtet die Realität der Flucht, bei der sich die Flüchtenden, nur um ihr blankes Leben zu retten, nicht selten zu Maßnahmen gezwungen sehen, die außerhalb unserer geregelten passrechtlichen Verhältnisse liegen. Und es unterstellt generell Geflüchteten, sich über Identitätsmogeleien Leistungen bzw. Doppelleistungen erschleichen zu wollen.

•    Herabwürdigung statt Respekt
Zum Beispiel, wenn per Gesetz nahe gelegt wird, dass Schwimmbäder Menschen ausländischer Herkunft von der Benutzung ihrer Einrichtung ausschließen können bzw. diese an eine Belehrung knüpfen. Das beschwört rassistisch begründete Vorurteile und Ausgrenzungen geradezu herauf und unterstellt, dass etwa die Belästigung von Frauen vorwiegend von Männern ausländischer Herkunft und zwar aufgrund ihrer ausländischen Herkunft ausgeht.

•    Gesinnungsstrafen statt Überzeugungsarbeit
Zum Beispiel, wenn Migrant*innen ein „Grundkurs über die Werte der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ auferlegt werden kann, sofern sie diese missachtet haben, oder wenn bei „Unterlaufen der verfassungsmäßigen Ordnung“ eine Geldbuße bis 50.000 Euro droht. Abgesehen davon, dass alle einschlägigen Taten selbstverständlich bereits jetzt ausreichend strafrechtlich verfolgt werden können, soll hiermit wohl ein paralleles Gesinnungsstrafrecht geschaffen werden, das speziell die Personengruppe der Migrant*innen und Geflüchteten einer Gegnerschaft zu unserer freiheitlichen Demokratie verdächtigt. Personengruppen einheimischer Herkunft kann dieser Verdacht per Gesetz hingegen gar nicht treffen.

Im Gegensatz zu der im Gesetzentwurf durchgängig enthaltenen Unterstellung von mangelndem Integrationswillen haben wir vom Verein „Freund statt fremd“ in ganz überwiegendem Maße andere Erfahrungen gemacht: Geflüchtete sind dankbar für Unterstützung, offen und wissbegierig auf unsere Gesellschaft und hoch motiviert in dem Bemühen, sich selbst aktiv ein neues Leben aufzubauen.
Wenn wir das Scheitern von Integration erleben, stellen wir in der Regel fest, dass es nicht am Desinteresse der Migrant*innen liegt, sondern an zu geringer oder völlig fehlender Unterstützung durch den Staat. Angefangen bei einer nicht ausreichend staatlich bezuschussten professionelllen Asylsozialarbeit, über Personalmangel bei der Eingliederung der Kinder und Jugendlichen in den Schulbetrieb, bis hin zu bürokratischen Hemmnissen beim Arbeitsmarktzugang der Geflüchteten oder mangelndem sozialen Wohnungsbau. Hier gäbe es beim „Fördern“ auch in Bayern noch viel zu tun!