Positionspapier – Freund statt Fremd e.V. zum Thema „Sachleistungen statt Geldleistungen“ 27.11.2015

Freund statt Fremd e.V. gegen die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen in der Aufnahme- und Rückführungseinrichtung (ARE) Bamberg

Bisher werden den Asylbewerbern in der ARE, wie in allen anderen Erstaufnahmeeinrichtungen, Sachleistungen in Form von Unterkunft und Verpflegung gestellt. Zusätzlich erhält jede Person in der Regel eine pauschale Geldleistung in Höhe von 143 Euro für den persönlichen Bedarf. Dieses Taschengeld in Höhe von knapp 5 Euro pro Tag soll an die Asylbewerber, die im Balkanzentrum untergebracht sind, zukünftig in Form von Sachleistungen ausgegeben werden.

Grund hierfür ist das seit dem 24. Oktober 2015 greifende neue Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (AvbG). Das AvbG ist eine Sammlung an Maßnahmen, die unter anderem den Anreiz für Menschen aus den Balkanstaaten verringern soll, die eigene Heimat zu verlassen, um nach Deutschland zu kommen. Aufgrund der neuen Gesetze können die Bundesländer zukünftig selbst entscheiden, ob Sie weiterhin Geldleistungen auszahlen, oder auf Sachleistungen umstellen.

Bislang hat sich Bayern als einziges Bundesland für die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen entschieden. Die Regelung soll allerdings zunächst nur in den beiden Aufnahme- und Rückführungseinrichtungen in Manching und Bamberg gelten.

Was bedeutet es, wenn selbst die persönlichen Bedürfnisse, wie beispielsweise für Hygieneartikel, Windeln, Bustickets, Telefonkosten, Schokolade, Bücher, Spielsachen für Kinder, Zigaretten oder Kinokarten per Sachleistungen gedeckt werden sollen?

Einerseits wird, hierüber sind sich auch der Großteil der Bundesländer einig, ein sehr hoher Verwaltungsaufwand für die zuständigen Behörden produziert. Man stelle sich den bürokratischen Aufwand für die Beschaffung, Lagerung und Verteilung der Sachleistungen vor, der dann den Behörden obliegt. Die Verteilung von Sachleistungen ist im Vergleich zu den Geldleistungen mit wesentlich höheren Kosten verbunden.

Weiterhin verwehrt man mit der Umstellung von Geld- auf Sachleistungen den Menschen das Recht zur Selbstbestimmung. Die Entscheidung was oder wo eingekauft wird, trifft die Behörde. Die Asylbewerber werden auf Kleinkindniveau herabgestuft, Bedürfnisse bleiben unberücksichtigt. Der Kontakt zu anderen Menschen wird erschwert, denn ohne Geld ist es schwierig am öffentlichen Leben teilzunehmen. Praktisch kann man sich fast nur noch in der ARE aufhalten. Wahrscheinlich ist dies auch so gewünscht.

Ein weiteres, wichtiges Argument gegen die Umstellung ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG 18.7.2012, 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11, Urteil v. 18.7.2015), das die Auszahlung des Barbetrages als grundlegendes Menschenrecht ansieht, das mit Sachleistungen nicht mehr gewährleistet sei. Zu unterschiedlich sind die individuellen Bedürfnisse der Menschen. Sowohl Pro Asyl, als auch der Bayerische Flüchtlingsrat haben bereits darauf hingewiesen, dass sie betroffene Flüchtlinge dabei unterstützen werden, gerichtlich gegen dies verfassungswidrige Neuregelung vorzugehen.

Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Mehrkosten erscheint die Bereitschaft, Asylsuchende aus den Balkanstaaten in Ihrem Recht auf freie Entscheidung zu verletzen, als reine Symbolpolitik ohne greifbaren Nutzen. Alles, was durch die Umstellung erreicht würde, ist eine zusätzliche Diskriminierung der Asylbewerber aus den Balkanstaaten.

Aus all diesen Gründen sprechen wir, der Verein Freund statt Fremd e.V., uns gegen die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen aus!

Wir hoffen sehr, dass das Bundesland Bayern, das zusammen mit Nordrhein-Westfalen mit Abstand die meisten Flüchtlinge aufnimmt, sich dem Weg der anderen Bundesländer anschließt und beim Prinzip der Ausgabe von Geldleistungen bleibt.