Traumapädagigik: Wettlaufen als Angebotsteil der Sport-Olympiade

Kinder spielen und Studierende lernen – Traumapädagogik in der Spielzimmer-Praxis

bericht-zum-seminar-traumapaedagogik-2_seite_4_bild_0004Es war die perfekte Symbiose: Studierende der Pädagogik haben im Sommersemester 2016 einen Großteil ihrer Zeit in Kooperation mit dem Verein „Freund statt fremd“ in der Ankunfts- und Rückführungseinrichtung Bamberg (ARE II), der jetzigen Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) verbracht – um dort mit Flüchtlingskindern zu spielen. Das Spielen war Teil ihrer Aufgaben im Seminar Traumapädagogik als Grundlage pädagogischen Handelns mit Flüchtlingskindern.

Der Lehrstuhl für Elementar- und Familienpädagogik der Universität Bamberg unter der Leitung von Svenja Lanver hatte das Seminar angeboten, um angehende Pädagoginnen und Pädagogen für das immer wichtiger werdende Arbeitsfeld der Traumapädagogik zu sensibilisieren. „Eine enge Verknüpfung von Theorie und Praxis ist dabei sehr wichtig“, sagt die Leiterin des Seminars. Durch die Homepage von Freund statt fremd war sie im März 2016 auf den bis dato sehr jungen Arbeitskreis ARE aufmerksam geworden: „Beeindruckt von der Idee eines Spielzimmers, für das sich Freund statt fremd seit Oktober 2015 engagiert, bin ich mit den Verantwortlichen Johanna Schramm, Michaela Hümmer und Ulrike Tontsch in Kontakt getreten und erhielt eine positive und aufgeschlossene Resonanz, so dass sich die Kooperation schnell realisieren ließ“, erzählt Lanver.

Um sich einen Eindruck von der Situation vor Ort zu machen, besuchte das Seminar gleich zu Beginn des Sommersemesters die ARE II, wo die Studierenden vom Leiter der Einrichtung Markus Oesterlein in Empfang genommen und informiert wurden. Den Teilnehmern wurde schnell klar, dass zwar grundsätzliche Bemühungen auf staatlicher Seite vorhanden sind, es darüber hinaus aber noch einiger Unterstützung bedarf, um den Kindern der ARE ein wenig unbeschwertes Kindsein zu ermöglichen. Hierzu gehört u.a. auch ein fester Treffpunkt, der den Kindern Gelegenheit bietet, sich zurückzuziehen, zu spielen und auf andere Gedanken zu kommen. Durch die Einrichtung eines Spielzimmers, das mit großem ehrenamtlichem Engagement von Freund statt fremd betrieben wird, und dank vieler Spenden an Spielzeug und Einrichtung ist dies möglich.

Spielen, um zu lernen

Im Laufe des Sommersemesters wurde im Spielzimmer dann – stets begleitet von einem Teammitglied des Arbeitskreises von „Freund statt fremd“ – besonders viel und vielfältig gespielt: Die Bandbreite reichte dabei von Gruppenspielen wie z. B. Tauziehen oder sportliche Stations-Olympiaden über musisch-kreative Angebote wie Blumentöpfe bepflanzen, Papierflieger basteln und Musikinstrumente herstellen bis hin zu hauswirtschaftlichen Tätigkeiten wie beispielsweise das gemeinsame Zubereiten und Verzehren von Quark und Obst. Was die Kinder nicht wussten, war, dass die Konzeption der Spiele traumapädagogischen Konzepten folgte, die die Studierenden hier erprobten. Viele Studierende hatten sich für die Umsetzung des Konzepts der Selbstbemächtigung nach Weiß (2009) entschieden, das die Kinder u. a. durch eine bewusste Körperwahrnehmung zu kontrolliertem, aktivem und zielgerichtetem Handeln befähigen soll.

Basetelangebot
Basetelangebot

„Wie die Kinder ihre selbst gebastelten Papierflieger über den Zaun hinweg fliegen ließen, das war schon ein symbolträchtiger Moment, an den ich mich lange erinnern werde!“ sagt eine Studentin. Rückblickend bewerten die Studierenden ihre Erfahrungen mit den Kindern ambivalent: „Das wichtigste für mich war, den Kindern Spaß und eine gute Zeit zu bereiten. Und immer wenn eine oder einer von den Kleinen gelacht hat, hatte ich das Gefühl, das erreicht zu haben“, erzählt eine Seminarteilnehmerin. Diese positive Erfahrung teilten alle. Zugleich hat sich bei den Seminarteilnehmern auch der Eindruck einer „bedrückenden Gesamtstimmung“ in der ARE verfestigt: „Es ist Wahnsinn, wie nah die Freude der Kinder und die Leere in den Augen der Erwachsenen in der ARE zusammen liegen.“

Dass die Freude, die die Studierenden den Kindern bereitet haben, noch lange anhält, ist dem Lehrstuhl für Elementar- und Familienpädagogik zu verdanken, der sämtliche Kosten für die Realisierung der Angebote übernommen und dem Spielzimmer das verwendete Material gespendet hat. Die dadurch möglich gewordenen Spiel- und Interaktionsmöglichkeiten werden nun von Johanna Schramm, Michaela Hümmer und den vielen ehrenamtlichen Helfern genutzt, die den Kindern weiterhin ein buntes Spielezimmer-Programm bieten. Ulrike Tontsch aus dem Vereinsvorstand würde sich wünschen, dass sich weiter Studierende im Spielzimmer engagieren: „Es ist wichtig, den Kindern der weiter wachsenden Einrichtung ein wenig Freude zu schenken und ihnen einen Rückzugsraum zu bieten, der ihnen in den beengten Räumlichkeiten der Unterbringung versagt bleibt. Das Spielzimmer ist da, aber es kann nur für die Kinder geöffnet sein, wenn sich Menschen finden, die die Kinder dort betreuen und begleiten und mit ihnen spielen!“

Text: Svenja Lanver

Kartoffellauf vor dem Spielzimmer
Kartoffellauf vor dem Spielzimmer
Kinder gestalten ihr individuelles Namensschild
Kinder gestalten ihr individuelles Namensschild

 

 

 

 

 

 

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Universtität Bamberg, Lehrstuhl für Elementar- und Familienpädagogik.