Eine kleine Oase für Kinder

Das Spielzimmer im Anker-Zentrum sucht Betreuer*innen – Theatergruppe feiert Premiere ihres Märchenstücks am ETA Hoffmann Theater

Das Spielzimmer im Anker-Zentrum sucht Betreuer*innen – Theatergruppe feiert Premiere ihres Märchenstücks am ETA Hoffmann Theater

Der Alltag im Anker-Zentrum Oberfranken hält besonders für die Jüngsten viele Belastungen bereit. „Die beengte Wohnsituation, die Ungewissheit, wie es für die Familien weitergeht – darunter leiden natürlich nicht zuletzt die Kinder“, berichtet Freund statt Fremd-Mitglied Christine Schoierer. Umso wichtiger ist es ihr, gerade ihnen Aufmerksamkeit und ein wenig Abwechslung zu schenken. Seit letztem Jahr engagiert sich Schoierer als Verantwortliche für das Spielzimmer im Anker-Zentrum. In einer Wohnung auf dem ehemaligen US Army-Gelände können die Kleinen spielen, basteln und miteinander Spaß haben. Auch für die großen Geschwister steht das Spielzimmer immer offen: Die älteren Kinder treffen sich dann zur Brettspiel-Runde, zeichnen und gehen kreativen Projekten nach. Derzeit ist das jüngste Kind knapp zwei, das älteste 14 Jahre alt. „Bei einer so bunten Truppe muss man natürlich viel Verständnis für unterschiedliche Bedürfnisse aufbringen“, weiß Schoierer zu berichten. Dazu kommt, dass ganz unterschiedliche Sprachen im Spielzimmer gesprochen werden. Nicht zuletzt deshalb ist eine gute Betreuung der Kinder wichtig.

Ehrenamtliche Betreuer*innen gesucht – Für die Sommerferien steht auch etwas Geld zur Verfügung

Derzeit wird Schoierer regelmäßig von zwei Erzieherinnen und zwei Lehrerinnen ehrenamtlich unterstützt. Außerdem helfen Studierende verschiedener Fakultäten der Universität Bamberg sowie der Caritas-Fachakademie für Sozialpädagogik im Spielzimmer mit. In den Semester- bzw. Schulferien fallen die jungen Leute jedoch aus – eine umfassende Betreuung der mal zehn-, mal zwanzigköpfigen Truppe ist dann nur schwer realisierbar. „Das Spielzimmer sollte jeden Werktag von 14 bis 16 Uhr geöffnet haben“, erklärt Schoierer. Nicht zuletzt erhalten die Eltern somit die Chance, im Café Willkommen zur Ruhe zu kommen oder der Asylsozialberatung wichtige Anliegen zu besprechen. „Derzeit ist es schwierig, unser regelmäßiges Angebot als solches aufrecht zu erhalten.“

Umso mehr würde sich Christine Schoierer über Unterstützung durch ehrenamtliche Betreuer*innen freuen. „Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind Geduld und Empathie angesichts der besonderen Situation der Kinder.“ Zu den Aufgabenbereichen gehören neben der Betreuung beim Spielen und Basteln auch Streitschlichten und die Überwachung der Spielzimmer-Regeln. „Vor allem aber wollen wir für die Kinder eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen.“

Für die Sommermonate sucht das Spielzimmer Interessent*innen, die sich verpflichten, mehrmals pro Woche im Spielzimmer zu arbeiten. Für die Ferienzeit steht auch etwas Geld in Form von Ehrenamtspauschalen zur Verfügung.

Theaterprojekt für Spielzimmer-Kinder: Große Bühne für kleine Stars

Der Mangel an Betreuer*innen hat Schoierer allerdings auch erfinderisch werden lassen: Und das beileibe nicht zu Ungunsten der Kinder. „Das Problem war, dass wir das Spielzimmer wegen Personalmangels mittwochs schließen mussten.“ Gemeinsam mit Saskia Botzner, der Theaterpädagogin des ETA Hoffmann Theaters Bamberg, die sie im Rahmen des Theaterprojekts „Frauen aus aller Welt“ im Lui20 kennengelernt hatte, entwickelte Schoierer einen Plan zur Aufrechterhaltung der Kinderbetreuung. Das Ergebnis: ein Theaterprojekt für die Kinder des Anker-Zentrums.

Am Mittwochnachmittag steht für die Spielzimmer-Truppe nun „Proben“ auf dem Stundenplan. In der Schule des Anker-Zentrums machen sich die Kinder auf eine Reise in die Welt internationaler Märchen – undin die eigene Fantasie. Saskia Botzner freut sich über die positive Resonanz seitens der Kinder: „Das Theaterprojekt ermöglicht es ihnen, sich in unterschiedlichen Rollen auszuprobieren und ihren Alltag völlig hinter sich zu lassen.“ Dass sie zudem noch sicherer im Deutschen werden, ist ein schöner Nebeneffekt. Deshalb soll es auch nicht bei einem kurzfristigen Engagement bleiben: Das ETA Hoffmann Theater wird sich auch weiterhin gemeinsam mit Freund statt fremd in der Aufnahmeeinrichtung engagieren. In der nächsten Spielzeit bleibt die Theatergruppe erhalten.

Im Rahmen des Märchen-Projekts arbeitet das Theater mit dem Musikzentrum Bamberg zusammen, weswegen auch die musikalische Betreuung nicht zu kurz kommt: Gemeinsam mit Vertreterinnen des Musikzentrums üben sich die Kinder im Musizieren und lernen Lieder für ihr Märchenstück. Die Beteiligung des Musikzentrums wird im Programm Musik für alle der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände e.V. (BDO) im Rahmen von „Unser Trick – Musik“ (MZB) gefördert. Die BDO ist ihrerseits Programmpartner des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für „Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung“.

Premiere am 22. Mai in der Treffbar

Selbstverständlich wird das erarbeitete Theaterstück eine angemessene Premierenfeier erleben: Am 22. Mai um 18.30 Uhr in der Treffbar des ETA Hoffmann Theaters. Die kleinen Schauspieler freuen sich auf ein großes Publikum.

In welcher Besetzung die Theatergruppe auftreten wird, ist dabei offen. Wie Saskia Botzner erklärt, passiert es immer wieder, dass ein Kind bei der nächsten Probe nicht mehr dabei ist: „Entweder weil der Asylantrag der Familie angenommen wurde und sie dann in eine andere Stadt zieht – oder weil sie das Land verlassen muss.“

Während der Zeit im Anker-Zentrum bieten das Spielzimmer und das Theaterprojekt jedoch sichere Räume für Spaß und Erholung – und die Möglichkeit, einfach mal unbeschwert Kind zu sein.

Text und Foto: Katharina Stahl
Theaterbilder: Saskia Botzner, ETA Hoffmann Theater

Wer sich als Betreuer*in im Spielzimmer engagieren möchte, kann sich direkt an Christine Schoierer wenden: spielzimmer@freundstattfremd.de

Premiere des Theaterstücks: 22. Mai, 18.30 Uhr, „Treffbar“, freier Eintritt