„Auf der Flucht“ – Erlebnisbericht aus einem Planspiel

Wie fühlt man sich auf der Flucht? Welche Probleme kommen auf einen zu und wie schwierig ist es, wenn man erstmal in Deutschland angekommen ist? Einen Einblick in diese und ähnliche Fragen gab das Planspiel „Auf der Flucht - Planspiel vom Fliehen und Ankommen“

Wie fühlt man sich auf der Flucht? Welche Probleme kommen auf einen zu und wie schwierig ist es, wenn man erstmal in Deutschland angekommen ist? Einen Einblick in diese und ähnliche Fragen gab das Planspiel „Auf der Flucht – Planspiel vom Fliehen und Ankommen, das Freund statt fremd für interessierte Mitglieder und Helfer*innen im Lui20 angeboten hatte.

Es wurde von Melissa Silva und Louisa Artmann von der Universität Würzburg geleitet. Neben ihrem Studium sind die beiden in der Verfahrensberatung von Asylsuchenden bei Amnesty International tätig und haben im Zuge dessen viele Geflüchtete bei ihren Asylverfahren begleitet. Die Rollen, die in dem Planspiel dargestellt wurden, basieren auf den Geschichten und Erfahrungen tatsächlich Geflüchteter, die von den beiden betreut wurden. Gleich zu Anfang des Planspiels stellt Louisa aber klar: „Wir erleben heute nicht, was Flucht ist!“ Man bekäme lediglich einen Eindruck von einigen Situationen und könnte sich vielleicht besser in Geflüchtete hineinversetzen.

In die Rolle finden

In dem rund zweieinhalbstündigen Planspiel verkörperte jeder die Rolle eines Geflüchteten. Es gab keine Pause dazwischen, damit jeder in seiner Rolle bleiben musste. Auch waren Melissa und Louisa lediglich zu Anfang ansprechbar, nach Verteilung der Rollen war es wie bei der richtigen Flucht: Man wusste nicht genau, was man alles beachten muss, machte es aber trotzdem. Nachdem die Rollen verteilt worden waren, hieß es, sich in die eigene Rolle hineinzuversetzen. Lediglich fünf Teilnehmerinnen spielten einen Geflüchteten (und zum Teil auch seine Familie), die anderen beiden verkörperten zu Anfang die Schlepper, was man aber erst später erfahren hat.

Als ersten Schritt sollte sich jeder acht Gegenstände aussuchen, die auf die Flucht mitgenommen werden konnten. Es war für alle sehr schwierig sich auf nur acht Gegenstände zu beschränken: Was ist wirklich wichtig auf der Flucht? Brauche ich einen Gaskocher und einen Topf oder würde ich eher Andenken an meine Heimat mitnehmen? Wie wahrscheinlich ist es, dass ich Schmuck oder ähnliches habe? Reicht mir als 18-jährigem Mann eine dicke Jacke oder würde ich zusätzlich noch eine Decke mitnehmen? Diese und weitere Fragen wurden untereinander diskutiert. 

Die Überfahrt

Als sich jeder für acht Gegenstände entschieden hatte, sollten wir Kontakt zu einem Fluchthelfer aufnehmen, der eine Überfahrt nach Griechenland „mit nur 15 Leuten pro Schiff“ und eine Weiterreise nach Deutschland angeboten hatte. Den Kontakt sollten wir über unsere Handys aufnehmen. Eine Teilnehmerin hatte kein Mobiltelefon mit Internetanschluss; ihr war sofort klar: „ohne Handy kommt man hier nicht weiter“. Zum Glück konnte aber ausgeholfen werden. Mittels Internet wurde zwischen „Geflüchteten“ und „Schleppern“ kommuniziert. Es wurde sehr hart verhandelt, da die Überfahrtspreise für die meisten zu hoch waren. „Wie schnell man doch ins Lügen kommt, um mitgenommen zu werden“, resümiert eine der Teilnehmerinnen in ihrer Rolle. Schließlich trafen Schlepper und Geflüchtete zusammen und diejenigen, die Schmuck oder andere Wertgegenstände mitgenommen hatten, wurden nach Abgabe dieser direkt mitgenommen. Die anderen hätten sich ggf. ihre Überfahrt anders verdienen müssen, z. B. indem sie selbst als Schlepper gearbeitet hätten. Im Planspiel wurde aber jeder mitgenommen. Vermutlich wären einige von uns in der Realität schon an dieser Hürde gescheitert.