Offener Brief an den Regierungspräsidenten und den OB der Stadt Bamberg

Gemeinsamer offener Brief und Appell an den Regierungspräsidenten und den Oberbürgermeister der Stadt Bamberg der Initiative „Freund statt fremd“ und des Migranten- und Integrationsbeirats der Stadt Bamberg:

Flüchtlinge unterstützen!

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www.freundstattfremd.de
An Herrn Regierungspräsident
Wilhelm Wenning
 
An Herrn Oberbürgermeister
Andreas Starke

 

Gemeinsamer offener Brief und Appell der Initiative „Freund statt fremd“ und des Migranten- und Integrationsbeirats der Stadt Bamberg: Flüchtlinge unterstützen!

Bamberg, 1. März 2012

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident! Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!

Im vollkommen überbelegten Sammellager Zirndorf warten zahlreiche Flüchtlinge aus aller Welt auf eine Unterbringung im Regierungsbezirk Oberfranken. Mehr als 20 von ihnen wurden, da in Bamberg noch keine Unterkunft gefunden wurde, im November 2011 vorübergehend in einem Hotel in Roßdach, einem Ortsteil von Scheßlitz mit nicht einmal 100 EinwohnerInnen, untergebracht.

Dort ist das Leben der Flüchtlinge sehr schwer. Sie sind abseits jeglichen gesellschaftlichen Lebens, haben kaum Möglichkeit, aus dem kleinen Ort wegzukommen, sind zur Untätigkeit verdammt. Auf diese Weise müssen sie isoliert leben, zusammen mit anderen Menschen, die ebenso wie sie aus möglicherweise traumatisierenden Verhältnissen kommen. Das führt zu Krankheit, Depression und Konflikten. Wer Kontakt mit ihnen hat, weiß, wie sehr sie darunter leiden. Stattdessen müssten ihnen Möglichkeiten gegeben werden, sich von ihrer tristen Alltagssituation und ihrem ungewissen Wartestatus durch verschiedene Aktivitäten abzulenken, was nur an einem größeren Ort gewährleistet werden kann.

Engagierte BürgerInnen, sowohl aus Bamberg als auch aus der direkten Nachbarschaft in Roßdach und Scheßlitz, versuchen neben dem Hotelbesitzer vor Ort zu helfen, wo es geht – mit Fahrrädern, gelegentlichen Fahrdiensten oder gelegentlichem Sprachunterricht. Jeder Arzt- oder Behördenbesuch eines Flüchtlings wird zu einer großen Aktion und kann nicht selbständig von ihm bewältigt werden. Aber eine solche Hilfe zu organisieren wird durch die äußeren Umstände – die Abgeschiedenheit von Roßdach – den BürgerInnen sehr schwer gemacht.

Die von der Regierung von Oberfranken geplante Übernahme des Hotels als Asylbewerberheim für mehrere Jahre ist aus Sicht der Flüchtlinge ebenso wie aus Sicht der engagierten BürgerInnen eine schreckensvolle Vorstellung.

Wir – die Initiative „Freund statt fremd“, über welche die oben genannte Unterstützung und Alltagshilfe für die Flüchtlinge organisiert wird – und die Vorsitzenden des Bamberger Migrations- und Integrationsbeirats appellieren deshalb an Sie:

  1. Nehmen Sie Abstand von den Plänen, in einem so abgelegenen Ort wie Roßdach Flüchtlinge unterbringen zu wollen, die aufgrund von Not und Verfolgung Schutz in Deutschland suchen und psychisch darauf angewiesen sind, dass sie nicht auch noch örtlich an den Rand der Gesellschaft geschoben werden. Ein langfristiges Heim kann nur dort für gutgeheißen werden, wo es ein Mindestmaß an Infrastruktur wie Läden, medizinischer Versorgung, ÖPNV usw. gibt.
  2. Verstärken Sie stattdessen endlich die Bemühungen, in Bamberg eine geeignete Unterkunft zu finden. Der Standard der jetzigen Unterkunft an der Breitenau ist dabei mindestens einzuhalten. Die bisher dort gemachten Erfahrungen zeigen deutlich, dass bei einer menschenwürdigen Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge mit einem Mindestmaß an persönlichem Wohnraum keine Schwierigkeiten auftreten.

Es wird in Bamberg bereits seit Oktober 2011 nach einer Unterkunft gesucht. Es ist uns nicht verständlich, warum man hier bisher nicht weiter gekommen ist. Folgende Möglichkeiten sollten umgehend und ohne weiteren Zeitverzug verfolgt werden:

  • Ein derzeit für Studierende genutztes Wohnhaus in der Gaustadter Hauptstraße wurde von dem betreffenden Grundstückseigentümer angeboten, inzwischen auch von der Regierung von Oberfranken geprüft und für gut geheißen. Darin wohnen aber noch zahlreiche Studierende, mit denen umgehend eine einvernehmliche Lösung gefunden werden müsste. Die Stadt sollte hier eine Vermittlerrolle spielen.
  • Das HWKW-Gebäude an der Memmelsdorfer Straße wurde vom Stadtrat zu Recht als große Unterkunft für 150 Asylsuchende im Interesse einer besseren dezentralen Lösung abgelehnt. Sehr wohl könnten dort aber Asylsuchende in geringerer Zahl untergebracht werden. Der Eigentümer hat bereits signalisiert, dass er sich eine geteilte Nutzung für ein Asylbewerber- und ein Studenten-Wohnheim vorstellen kann. Es sind umgehend Verhandlungen aufzunehmen, auch die Stadtbau GmbH oder andere mögliche Träger eines Studentenwohnheims sind einzubeziehen.
  • Bereits im vergangenen Jahr hat der Eigentümer des bestehenden Heims an der Breitenau angeboten, seine Gebäude zu erweitern bzw. nebenan neu zu bauen. Hätte man den Plan sofort verfolgt, könnten jetzt die Baumaßnahmen schon in vollem Gange sein.
  • Ebenso sollte im Vorgriff auf den Abzug der US-Amerikaner verhandelt werden, ob nicht Unterkünfte am Rande des Geländes, etwa Hauptsmoorstraße, verwendet werden könnten. Es wäre eine einfache Verlegung der Absperrungen auf die andere Seite eines solchen Gebäudes möglich, um es von dem Kasernengelände abzuspalten und dem Stadtgebiet einzuverleiben. Das mag eine auf den ersten Blick unkonventionelle Vorgehensweise sein, dennoch sollte sie nicht unversucht bleiben.
  • Auch eine Teilnutzung bzw. vorübergehende Nutzung des Kreiswehrersatzamtes könnte eine Lösung und Perspektive für die Suche nach einer Unterkunft sein.

Bei welcher Lösung auch immer bitten wir Sie, frühzeitig die in der Umgebung wohnenden Menschen über die Planungen zu informieren und einzubeziehen, um Ängste, Vorbehalte oder Aversionen wie z.B. in Weißmain von vorneherein zu vermeiden. Sowohl die Mitglieder der Initiative „Freund statt fremd“ als auch der Migrations- und Integrationsbeirat der Stadt Bamberg stehen hier selbstverständlich gerne bei der Öffentlichkeitsarbeit oder für Informationsveranstaltungen und Gespräche mit der Bevölkerung zur Verfügung.

Wir appellieren noch einmal an Sie: Unterstützen Sie Flüchtlinge, die auf eine Zukunft in Deutschland hoffen! Unterstützen Sie BürgerInnen, die sich für diese Menschen einsetzen! Handeln Sie!

Mit freundlichen Grüßen

Manuela Thomer Ulrike Tontsch (Initiative „Freund statt fremd“, Kulturmosaik e.V.)

Mitra Sharifi Neystanak (für den Migranten- und Integrationsbeirat der Stadt Bamberg)

 

Kultur-Mosaik e.V., Sparkasse Bamberg, Bankleitzahl: 770 500 00, Kontonummer: 300 505 161