Stellungnahme zur Schließung des Ankerzentrums

Als Ehrenamtliche bei „Freund statt fremd e.V.“, die sich für die Integration von Geflüchteten in Bamberg einsetzen, begrüßen wir die Schließung des Ankerzentrums und die Unterbringung von Geflüchteten in dezentralen Unterkünften ausdrücklich.

Als Ehrenamtliche bei „Freund statt fremd e.V.“, die sich für die Integration von Geflüchteten in Bamberg einsetzen, begrüßen wir die Schließung des Ankerzentrums und die Unterbringung von Geflüchteten in dezentralen Unterkünften ausdrücklich.

Im folgenden geben wir eine Einschätzung aus Perspektive von uns Ehrenamtlichen ab.

Integration braucht Perspektive

Geflüchtete im Ankerzentrum haben im Rahmen der Erstaufnahme (noch) keine Perspektive. Sie befinden sich in einem Durchgangsstadium und warten in der Regel mehrere Wochen oder Monate auf Umverteilung. Das spüren wir auch in unserer Ehrenamtstätigkeit. Es ist z.B. kaum möglich, längerfristig geplante Sprachkurse zu organisieren, weil zu viele Geflüchtete dann schnell wieder weg sind, wenn sie in eine andere Unterkunft verlegt werden. Auch Patenschaften zwischen Geflüchteten und Einheimischen zu vermitteln, macht wenig Sinn. Integrationsbemühungen können in der Regel immer nur begonnen werden und verpuffen dann häufig.

Geflüchtete in dezentralen Unterkünften haben zum großen Teil eine Perspektive und entwickeln damit auch eine größere Motivation. Genauso geht es uns Ehrenamtlichen. Man kann Menschen, die sich auf einen Sprachkurs konzentrieren können, die auf ein berufliches Ziel hinarbeiten wollen, deren Kinder in Kita/Schule Fuß fassen, die ein wachsendes Gefühl von Zuhause entwickeln, besser begleiten und unterstützen. Und das macht dann auch beiden Seiten Freude und schafft beständige Kontakte bis hin zu Freundschaften.

Integration braucht Begegnung und Kontakt

Das Ankerzentrum bedeutet weitgehend Isolation und Abschottung. Kontakte zu Einheimischen finden nicht selbstverständlich und nebenbei statt, werden auch nicht gefördert. Um in Kontakt zu kommen, wird den Ehrenamtlichen einiges abverlangt. Sie müssen bis an den Stadtrand, sich für das Betreten des Ankerzentrums eigens Berechtigungen ausstellen lassen, und die Kontakte zu Geflüchteten finden in eigens dafür vorgesehenen Räumen statt. Auch wenn wir es als Verein geschafft haben, mehrere Angebote im Ankerzentrum zu etablieren und darin von der Leitung auch unterstützt werden – diese Angebote sind doch mühsam konstruiert und aufwändig.

Ehrenamtliche tun sich leichter und können auch leichter aquiriert werden, wenn die Hürden nicht so hoch sind. Wenn dezentrale Unterkünfte sich im eigenen Stadtteil mit kurzen Wegen befinden, ist das eigene Engagement einfacher umzusetzen und in den persönlichen Lebensalltag einzubauen. Und genau das bedeutet Integration ja: die Nähe zum Leben der Aufnahmegesellschaft.

Integration braucht Alltag

Das Ankerzentrum ist für die dort Untergebrachten alles andere als normaler Alltag. Das Leben dort bedeutet: Nicht arbeiten, keine eigene Wohnung, nicht das eigene Essen kochen, keine normale Schule oder Kita usw.

Dezentrale Unterkünfte hingegen ermöglichen all das, was zum normalen Leben gehört. Geflüchtete, die Lebensmittel selbst einkaufen, die einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben, deren Kinder Schulen und Kindergarten besuchen, die den Spielplatz um die Ecke nutzen oder öffentliche Einrichtungen aufsuchen, kommen dort automatisch in Kontakt mit den (einheimischen) Menschen. Hier können Begegnungen stattfinden und Beziehungen entstehen, da diese an den Alltag anknüpfen, der gemeinsam geteilt wird.

Damit die dezentrale Unterbringung in Bamberg gelingt:

Integration braucht Strukturen, auf die sich die Zivilgesellschaft verlassen kann!

Wo auch immer kleinere dezentrale Unterkünfte in Bamberg entstehen werden, es müssen von Seiten der Stadt Strukturen, Rahmenbedingungen und Räume geschaffen werden, um Integration zu ermöglichen. Es braucht eine verlässliche Begleitung, um Ängste und Verunsicherung auf (beiden!) Seiten abzubauen. Dazu zählen z.B. feste Betreuungspersonen mit Handlungskompetenz für die jeweiligen Unterkünfte, zugängliche Gemeinschaftsräume bzw. -flächen für Begegnungsmöglichkeiten usw.

Im Jahr 2022 bei Ausbruch des Ukraine-Krieges hat die Bamberger Zivilgesellschaft gezeigt, wozu sie in der Lage ist. Nicht nur Sachspenden und Wohnraum, auch viel ehrenamtliches Engagement wurde damals mobilisiert. Stadtverwaltung und Bürger:innen haben gemeinsam Strukturen aufgebaut und schnelle, unbürokratische, pragmatische Lösungen gefunden. Daraus lässt sich auch für die Zeit lernen, wenn das Ankerzentrum schließt und Hunderte Geflüchteter im Stadtgebiet – gut verteilt – unterzubringen sind. Was Bamberg bevor steht, ist eine Herausforderung, aber sie ist zu bewältigen, wenn sie als gemeinsame positive Anstrengung verstanden und mit Mut und Zuversicht angegangen wird.

Menschen aus anderen Kulturen sind in ihrer überwältigenden Mehrheit eine persönliche und nicht zuletzt volkswirtschaftliche Bereicherung für uns alle!

Anmerkung:

In Bezug auf den Blickwinkel der Geflüchteten auf die Schließung des Ankerzentrums verweisen wir auf die Stellungnahme der Mahnwache Asyl, die „Freund statt fremd“ mitunterzeichnet hat.