Am Montag, den 23.01.2017, fand die zweite Sammelabschiebung afghanischer Geflüchteter von Frankfurt Flughafen nach Kabul statt. 18 der 26 abgeschobenen Afghanen kamen aus Bayern, vier aus der Stadt und dem Landkreis Bamberg. Ein weiterer junger Mann an Bord des startbereiten Flugzeuges, konnte die Maschine aufgrund eines Eilbeschlusses vor dem Abheben jedoch wieder verlassen. Sein Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Er erhielt von den Behörden ein Bahnticket für die Rückfahrt nach Bamberg. Wie bei der ersten Ausweisung im Dezember waren auch dieses Mal Personen dabei, die bereits seit mehreren Jahren in Deutschland leben und gut integriert waren.
Erschreckend und absolut unakzeptabel ist dabei die praktizierte Vorgehensweise: Menschen ohne Vorankündigung aus dem Schlaf zu reißen, um sie in ein Land zu bringen, indem sie um ihr Leben fürchten müssen; ihnen keine Möglichkeit zu geben, sich zu verabschieden oder auf die dramatische Veränderung vorzubereiten – das ist menschenunwürdig.
Diese schockierenden Einzelfälle bewegen Freund statt fremd sehr. Unter den nach Afghanistan Abgeschobenen befindet sich auch Atiqullah A., der seit Oktober 2015 im Landkreis Bamberg wohnte und ein hervorragendes Beispiel für gewollte und intensiv betriebene Integration ist.
Von Anfang an war er ein eifriger, engagierter und kommunikationsstarker Teilnehmer in den Deutschkursen, der schnell Kontakt herstellte und sich für andere einsetzte. Nach einem vierwöchigen Praktikum in diesem Bereich wollte er die Ausbildung zum Altenpfleger anstreben. Die Heimleitung sprach sich dafür aus, dass er die praktische Ausbildung dort aufnehmen sollte. Die beglaubigte Übersetzung seines Abschlusszeugnisses aus Afghanistan liegt vor und er war zum Vorstellungsgespräch bei zwei Altenpflegeschulen eingeladen. Bevor er diese Vorstellungsgespräche absolvieren konnte, wurde er am frühen Morgen des 23. Januar von der Bundespolizei sowie dem Zoll abgeholt und noch am selben Tag nach Kabul geflogen. Die Familie, die ihn in Deutschland unterstützt hat, versucht nun alles, um den jungen Mann, der in Afghanistan um sein Leben bangt, zurückzuholen.
Dieser Fall steht stellvertretend für die unmenschliche und willkürliche Praxis der aktuellen Abschiebungen nach Afghanistan! Freund statt fremd erklärt sich solidarisch mit den Positionen des Bayerischen Flüchtlingsrates und Pro Asyl sowie den Kirchen: Nach Auffassung des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) ist Afghanistan kein sicheres Land, weil sich in weiten Teilen Afghanistans Regierungstruppen und die radikalislamischen Taliban bekämpfen und es immer wieder zu Anschlägen kommt. Es weist darauf hin, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan im Verlauf des Jahres 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert hat und die Anzahl der zivilen Opfer weiter gestiegen ist.
Die erneut sich manifestierende Willkür und Unmenschlichkeit der Abschiebepraxis verdient nach Auffassung von Freund statt fremd schärfste Kritik:
- Sie ist unmenschlich und sorgt für größte Beunruhigung unter den afghanischen Flüchtlingen. Sie leben in ständiger Angst, von der Polizei abgeholt und in ein Land gebracht zu werden, in dem eine ständige Gefahr für Leib und Leben herrscht.
- Sie ist schlecht für die Unternehmen, die von einem auf den anderen Tag geschätzte Mitarbeiter verlieren – und sich fortan überlegen werden, ob sie unsichere Arbeitskräfte überhaupt noch einstellen.
- Sie ist kontraproduktiv für die gesamte Integrationsarbeit der ehrenamtlichen Helfer, die dadurch in Frage gestellt wird.
Gemeinsam mit den genannten Organisationen fordert Freund statt fremd das sofortige Ende aller Abschiebungen nach Afghanistan und ein Bleiberecht für afghanische Flüchtlinge! Abschiebungen nach Afghanistan sind „blanker Zynismus“, wertet auch WDR-Redakteur Georg Restle in seinem Tagesschau-Kommentar Mitte Dezember, und „ein Einknicken vor den Schreihälsen ganz Rechtsaußen“.
Anlässlich der bevorstehenden dritten Ausweisung Anfang Februar ruft der Verein alle politischen Mandatsträger auf, sich gegen diese willkürliche und unmenschliche Praxis zu wenden und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um weitere Abschiebungen zu verhindern!
Für weitere Recherchen oder Interviews stellt Freund statt fremd gerne Kontakt zu Personen wie z. B. Helfern, Lehrern oder Gastfamilien her, die mit den abgeschobenen Personen in direktem Kontakt waren.
Kontakt: kommunikation@freundstattfremd.de