Luca Mahlau, Praktikant bei Freund statt fremd, vor seiner Arbeitsstelle, dem Ankerzentrum in Bamberg.

„Meine Aufgaben im Praktikum sind vielfältig“

Freundstattfremd.de hat bei unserem Praktikanten, Luca Mahlau (22), mal nachgefragt, wie sein Praktikum so läuft.
Luca Mahlau (22), Praktikant bei Freund statt fremd, vor seiner Arbeitsstelle, dem Ankerzentrum in Bamberg.

? Servus Luca. Schön, dass du da bist. Wie geht es dir heute?

!! Danke der Nachfrage, sehr gut

? Wir wollen uns ja heute über dein Praktikum unterhalten. Magst du uns zuerst kurz erzählen, wer du bist und wie du letzten Endes auf uns gekommen bist?

!! Mein vollständiger Name ist Luca Mahlau, ich bin 22 Jahre alt und studiere Pädagogik im Haupt- und Politikwissenschaften im Nebenfach an der Uni hier in Bamberg. Zurzeit bin ich im fünften Semester. Neben dem Studium, dem Praktikum und der Arbeit treffe ich mich natürlich auch gerne mit Freunden und spiele Fußball oder Tennis.

? Und wie kam dann der Kontakt zu Freund statt fremd zustande?

!! Zu Fsf bin ich durch die Uni gekommen. Das war im April. Aufgrund meines Studiums muss ich nämlich zwei Praktika machen. Nach ein bisschen Recherche kam ich dann auf Fsf. Mir war es wichtig, dass ich einerseits ein mögliches späteres Berufsfeld kennenlernen kann, andererseits aber auch, dass das Praktikum sinnvoll und relevant ist und ich mit meiner Arbeit Menschen direkt vor Ort helfen kann.

„Meine Arbeit umfasst den pädagogischen Bereich,
bis hin zu organisatorischen und administrativen Aufgaben.“

? Welche Tätigkeiten erledigst du genau bei Freund statt fremd e.V. und in welchen AK’s hilfst du mit?

!! Meine Aufgaben bei Fsf sind vielfältig. Sie reichen vom pädagogischen Bereich bis hin zu organisatorischen und administrativen Aufgaben. Ich bin vor allem in den AKs Fundraising und Ankerzentrum-Umfrage tätig. Beim AK-Umfrage ging es vor allem darum, das Angebot für Geflüchtete im Ankerzentrum zu verbessern. Im AK Fundraising geht es vor allem um das Akquirieren von Spenden und sich auf verschiedene  Ausschreibungen und Förderprojekte zu bewerben. So hat Fsf z. B. den Ehrenamtspreis der Versicherungskammer Bayern erhalten. Grundsätzlich gibt es immer was zu tun. Es fehlt leider immer noch an Spenden. Zudem zieht Fsf ja nun in die von der Luitpoldstraße in die Schützenstraße um. Auch da sind wir auf tatkräftige Hilfe und auch auf Sach- und Geldspenden angewiesen. Ach ja, und ich gebe auch noch einmal die Woche ehrenamtlich Nachhilfe für zwei Grundschülerinnen, vor allem in Mathe und Deutsch.

? Teil Deines Praktikums ist ja auch das Ankerzentrum, wo Du ja sehr aktiv bist …

!! Ja, dort bin ich insgesamt dreimal pro Woche. Zweimal mal davon im Spielzimmer und einmal im Café Willkommen. Das Spielzimmer kann man sich als eine Art Kinderbetreuung vorstellen, wo die geflüchteten Jungen und Mädchen nach der Schule Hausaufgaben machen, spielen oder eben anderen Tätigkeiten nachgehen. Sehr beliebt bei den Kids ist z. B. UNO. Das Spiel hilft ihnen dabei, Deutsch zu lernen und lehrt sie z. B. die deutschen Begriffe für Zahlen und Farben. Die Altersspanne der Kinder reicht von 5 bis 15 Jahren.

? Und dann gibt es ja noch das Café Willkommen

!! Genau. Dort bin ich immer freitags. Das Café dient den geflüchteten Erwachsenen als eine erste Beratungs- und Anlaufstelle. So helfen wir z. B. bei der Erstellung eines Lebenslaufes in deutscher Sprache oder verteilen gespendete Kleider und Deutschbücher. Der eigentliche Zweck vom Café liegt allerdings auch einfach darin, mit den Menschen bei einer Tasse Kaffee oder Tee ins Gespräch zu kommen. So bekomme ich mit meinen Kolleg*innen z.B. immer Besuch von irakischen Jesidinnen, mit denen wir über ihren Alltag, aber auch über ihre Fluchterfahrung reden. Das sind sehr intensive Gespräche. Und es ist sehr beeindruckend, dass sie vier Sprachen beherrschen und sich mittlerweile auch gut auf Deutsch unterhalten können.

„Während andere um 20 Uhr die Tagesschau einschalten,
treffen sich die Helfer*innen per Zoom und arbeiten an Problemlösungen“

!! Ich würde sagen, vor allem der ganze Aufwand, der hinter dem Ehrenamt steht. Das war mir vorher so nicht bewusst. Vor allem, was im Hintergrund abläuft, was Außenstehende gar nicht mitbekommen. Damit meine ich vor allem die Helfer*innen, von denen ja die meisten berufstätig sind, es aber trotzdem irgendwie schaffen, sich Zeit für das Ehrenamt freizuschaufeln. Während andere um 20 Uhr die Tagesschau einschalten, treffen sich die Helfer*innen in den AKs via Zoom und arbeiten an Problemlösungen für Fsf. Auch die Kommunikation, z.B. mit den lokalen Behörden findet in dieser Freizeit statt.

? Was würdest du sagen hast du bis jetzt schon gelernt, was dir vorher nicht bewusst war?

!! Gelernt habe ich, dass hinter dem Ehrenamt ein enormer Aufwand steckt. Das war mir vorher nicht so bewusst. Vor allem, was im Hintergrund abläuft, was Außenstehende gar nicht mitbekommen. Damit meine ich insbesondere die Helfer*innen, von denen ja die meisten berufstätig sind, sich aber trotzdem Zeit für das Ehrenamt freischaufeln, um anderen Menschen zu helfen. Während andere um 20 Uhr die Tagesschau gucken, treffen sich die AKs via Zoom und arbeiten an Problemlösungen für Fsf. Auch die teils sehr aufwendige Kommunikation, z.B. mit den lokalen Behörden, findet ja in dieser Freizeit statt.

? Wenn du deine Einstellung / Vorstellung zum Thema Flucht vor deinen Erfahrungen, die du bei Freund statt fremd e.V. gesammelt hast, jetzt mit deinen Erfahrungen vergleichst, würdest du sagen, sie sind ähnlich oder haben sie sich verändert?

!! Sie haben sich definitiv verändert! Ich meine, auch vor der Zeit von Fsf habe ich mich bereits mit der Flüchtlingshilfe beschäftigt, aber eben nie vor Ort. Ich war schon immer gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung von Geflüchteten. Für mich waren und sind alle Menschen gleich. Und gerade die Arbeit im Ankerzentrum, der direkte Austausch mit den Geflüchteten, mit Kindern und Erwachsenen hat mich in meiner Denkweise bestärkt. Ich wünschte, jeder könnte sich mal mit einem geflüchteten Menschen unterhalten. Ich denke, jeder würde gleich sehen, wie nett und offen man mit ihnen reden kann. Das war zumindest mein Eindruck von den Menschen, mit denen ich geredet habe.

„Wer einmal mit dem kleinen Bilal UNO gespielt hat,
der will darauf nicht mehr verzichten.“

? Was hat dir am bis jetzt am besten gefallen bzw. gibt es vielleicht irgendeine Geschichte, irgendein Erlebnis, das sich während deines Praktikums auf besondere Art und Weise bei dir eingeprägt hat?

!! Am besten gefallen hat mir tatsächlich das Spielzimmer mit den kleinen Kindern. Wer einmal mit dem kleinen Bilal UNO gespielt hat, der will darauf nicht mehr verzichten! Aber die wohl prägendste Geschichte, die ich bis jetzt gehört habe, ist die einer Jesidin. Sie floh, gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester und ihrer Mutter, vor dem IS. Der Vater hatte die Familie wohl schon vorher verlassen. Ihre Großeltern waren bereits vor ihnen geflohen und leben zurzeit in Essen. Die Familie flüchtete über die Türkei und kam nach Griechenland ins Flüchtlingslager bei Serres, was  speziell für Jesiden ausgelegt ist. Dabei wurden die zwei Schwestern – 12 und 16 Jahre alt – von der Mutter getrennt. Vor ungefähr vier Monaten kamen sie dann nach Bamberg. Die Mutter sei mittlerweile auch in Deutschland. Ihr größter Wunsch, sagte sie, sei es, ihre Großeltern zu sehen, da sie sie seit acht Jahren nicht mehr gesehen hat. Als sie das sagte, kam sie den Tränen nahe. Das hat mich wirklich sehr berührt. Doch durch das langwierige Asylverfahren darf sie nicht nach Essen, um ihre Großeltern und ihren Onkel zu besuchen.

? Eine sehr traurige Geschichte …

!! Das stimmt. Aber als wir weiterredeten, stellte sich heraus, dass meine Kollegin im vergangenen Jahr im gleichen Flüchtlingslager auf Griechenland gearbeitet hat. Und so kannten beide die Einrichtungen und die Leute, die dort arbeiteten. Persönlich begegnet sind sie sich zwar nicht, dennoch hatten beide direkt einen guten Draht zueinander und es war schön, sie lachen zu sehen. Die junge Dame lernt zur Zeit Deutsch und kann sich schon wirklich gut mit uns unterhalten. Zudem sprechen sie und ihre kleine Schwester Kurmandschi, Griechisch und Englisch fließend, dazu noch etwas Arabisch. Das ist wirklich beeindruckend, wenn man bedenkt, dass alle Sprachen sich durch unterschiedliche Buchstaben, andere Zeichen und eine unterschiedliche Grammatik auszeichnen, und dass Sie nach einer solchen traumatischen Erfahrung stark bleibt und vier Sprachen beherrscht.

? Hast du noch Wünsche oder Anmerkungen für den Verein?

!! Ich wünsche dem Verein alles Gute in der Zukunft und hoffe, dass die Helfer*innen weiterhin so engagiert weiterarbeiten, wie bisher.

? Vielen Dank, für Deinen Einblick Luca.

!! Ich danke dir.

Das Interview führte Carina Lang / Bild: Carina Lang